... „Es ist noch zu dunkel ... ich finde nicht einmal den Weg zurück auf die Strasse ...“ meint der Fahrer von heute. Bobo, weigert sich um 05:30 Uhr aufzustehen. Ich stelle den Wecker meines Handy neu. Brummend schlüpft Bobo um 06:30 Uhr in seine Kleider.
Von einem Einheimischen haben wir gestern erfahren, dass die Strasse vom Lugu Hu bis nach Lingnang neu gebaut wird. Zeitweise werde die Strecke von 08:00 Uhr bis 18:00 wegen der Bauarbeiten für jeglichen Verkehr gesperrt. Hie und da würden die Autos aber auch für eine gewisse Zeit durchgelassen. So genau wisse das niemand. Um sicher zu sein, nach Lingnang zu gelangen, sollte man die Fahrt so planen, dass man um 08:00 Uhr Lingnang erreiche. Dies ist der Grund, warum wir gestern beschlossen haben, heute ohne Frühstück um 6:00 Uhr loszufahren. Nun ist es bereits 07:00 Uhr. Wir fahren los. Es wird gerade hell. Der Himmel zeigt sich blau. Wir hoffen trotz der „Verspätung“ die Strecke von 80 Kilometern ohne längere Wartezeiten zu schaffen. Der Strassenzustand wird immer schlechter. Die erdige Fahrbahn hat sich vom Regen der letzten Tage in eine Schlammpiste verwandelt. Und nun geht gar nichts mehr. Wir stecken fest. Nicht im Dreck, sondern im Stau. Da haben wir es. Wir sind doch zu spät aufgestanden. Mist! Dem ist aber nicht so. Vor uns sind zwei Wagen im Morast versoffen. Nach kurzer Wartezeit können wir weiterfahren. Wer nun glaubt, wir hätten eine Nebenstrasse gewählt, täuscht sich. Es ist die einzige Verbindung zwischen dem See und der nächsten Stadt, Lingnang. Sogar Reisebusse müssen hier durch.
Dank der langsamen Fahrt kommen wir in den vollen Genuss der schönen Berglandschaft. Interessanterweise ist sogar die Passhöhe von 3284 müm immer noch dicht bewaldet.
Die Umgebung ist der Lebensraum der Mosu, einer weiteren Minorität der chinesischen Bevölkerung. Bei den Mosu gilt das Matriachat. Wie uns Susanna erzählt, bestimmen die Frauen mit welchem Mann sie zusammen sein wollen. Der momentan Geliebte verbringt nur die Nacht bei der Frau. Tagsüber arbeitet und wohnt er bei seiner Mutter und deren Familie. Eine Ehe und Familie in unserem Sinne haben sie nicht. Eine Familie besteht aus der Mutter und ihren Kinder sowie deren Familienangehörigen. Ersichtlich ist dies für uns natürlich nicht. Die Frauen arbeiten so hart wie in anderen Landesteilen. Auffallend ist ihre farbenprächtige Bekleidung.
Die Mosu leben in Blockhütten und betätigen sich hauptsächlich als Landwirte. Bis hoch hinauf in die Berge und bis weit unten ins Tal erblicken wir ihre Felder.
Diese Idylle wird für uns nur unterbrochen durch die gefährliche Fahrweise der Chinesen. Grösseres Verkehrsaufkommen sind sie sich auf dem Lande nicht gewohnt. Nach links oder rechts zu schauen, oder gar auf andere Rücksicht zu nehmen, ist ihnen fremd. Sie benutzen die Strasse, als ob sie die einzigen Verkehrsteilnehmer wären. Ein Lastwagenfahrer kommt von rechts aus einer Seitenstrasse und biegt direkt vor Sir James Nase nach links ab, ohne Sir James zu beachten. Nur Dank Bobos schneller und richtiger Reaktion kommt es nicht zum Zusammenstoss.
Nach Ninglang Richtung Lijiang bessert sich die Fahrunterlage. Das wirkt sich indessen nur wenig auf Sir James Durchschnittsgeschwindigkeit aus. Sir James muss nach wie vor zahlreiche Passhöhen erklimmen,und die anschliessenden Talfahrten bewältigen.
Um 16:00 Uhr steht Sir James auf dem Parkplatz der Old Town von Lijiang an Position Nord 26° 52' 10.422 und Ost 100° 14' 25.4''. Für ein Mal sind wir nicht an der gleichen Position. Wir steigen im He Xi Hotel ab, unweit des South Gate der autofreien Old Town. Diese Old Town ist ebenfalls eine World Heritage Site der UNESCO. Auch diese Altstadt ist ganz auf den Tourismus ausgerichtet. Trotzdem gefällt mir diese alte Stadt mit ihren verwinkelten Gassen und den zahlreichen Wasserläufen. Die alten Gebäude und deren Umgebung sind mit viel Liebe zum Detail restauriert worden. Zahlreiche Blumen schmücken die Passagen.
Neben den unzähligen Shops für die Touristen gibt es Restaurants in jeder Grösse und für jeden Geschmack. Da wir uns weder für chinesische noch für westliche Speisen entscheiden können, essen wir zuerst Chinesisches, allerdings keine Hühnerfüsse, wie abgebildet ...
Danach bestellen wir noch ein richtiges Steak, vor allem natürlich für Bobo. Mit gefülltem Magen bummeln wir durch die Gassen. In einer Bar genehmigen wir uns einen Schlummertrunk. Eine Männergruppe bittet uns spontan, an ihrem Tisch Platz zu nehmen. Die Männer nehmen in Lijiang an einer Tagung für Flugzeugbereifung gesponsert von Michelin teil. Es ist eine angenehme Runde. Wir unterhalten uns vor allem über unsere Eindrücke von China. Wir sind froh finden wir danach in diesem Irrgarten von Gässchen den Weg zurück ins Hotel.