Reisebericht

Tagesbericht vom 28.08.2010

Zum Frühstück gibt es einen echten italienischer Capuccino für mich, einen nicht minder echten italienischer Espresso für Bobo und dazu so etwas wie Schokoladegipfel. Sogar das gibt es in Luoyang, und erst noch direkt neben dem Einkaufszentrum von Carrefour. Susanna spendiert uns dieses Delikatessen zu meinem Geburtstag! Ich bin gerührt ob so viel Herzlichkeit. Sowohl die kleine Cafeteria als auch den Carrefour haben wir gestern Abend, als wir koreanisch essen gingen, entdeckt.
Im Carrefour kaufen wir das Notwendigsten, und etwas mehr, ein. Es ist bereits 12:30 Uhr bis wir aus der Stadt fahren. Luoyang ist eine Stadt mit ungefähr 1.4 Millionen Einwohnern. Früher einmal eine wichtige Stadt verlor sie ab dem 11. Jahrhundert an Bedeutung. In den 1920-er Jahren zählte sie gerade einmal noch 20'000 Einwohner. Dies mag erklären, warum uns Luoyang als moderne Stadt erscheint.

Allerdings: der Verkehr ist chaotisch wie in ganz China. Am Rotlicht wird gehalten – oder auch nicht. Linksabbieger schneiden immer die Kurve; überholt wird, wo der Fahrer glaubt, durchzukommen, links, rechts oder auch in der Mitte; auf einem Motorrad sitzen bis zu vier Personen, Kinder, selbst Kleinkinder, werden immer irgendwie mit-transportiert; muss ein Fahrer (gilt ausdrücklich nur für Männer) im Stadtgetümmel plötzlich auf die Toilette, lässt er sein Auto auf der rechten Fahrbahn stehen und pinkelt. Bei all dem Durcheinander muss man als Autofahrer damit rechnen, dass einem ein zwei- oder dreiräderiges Gefährt auf der rechten Seite entgegenkommt. Der Leser mag sich fragen, ob nicht die Verkehrspolizei zum Rechten schaue. Wir wissen es nicht. Bis jetzt haben wir noch keinen Verkehrspolizisten gesehen, der gearbeitet hat. Die Polizeibeamten beobachten den Verkehr etwas abseits der Strasse. Sie stehen oder sitzen unter einem Sonnenschirm. Ein solches Dach über dem Kopf ist gut wenn es regnet und wenn die Sonne scheint.

Heute scheint die Sonne, es ist heiß und drückend. Uns kann man es wohl nie recht machen mit dem Wetter, also lasse ich dieses Thema.
Wir besuchen unweit von Luoyang die berühmten Longmen Höhlen (World Heritiage Site der UNESCO). Die Longmen Caves sind den Yungang Caves, die wir am 6. dieses Monats besichtigt haben ähnlich und stammen wie jene aus dem 5. Jahrhundert n.Chr.

Gemäss den Ausführungen der gebrochen englisch sprechenden Führerin können wir über 100'000 Buddhafiguren bestaunen, von ganz kleinen bis zu ganz grossen. Die Statuen in den kleinen Höhlen stammen von unwichtigen Leuten, jene in den grossen Höhlen – hier dürfen sie fotografiert werden - wurden von Kaisern und anderen wichtigen Führern, die dem Buddhismus huldigten, in Auftrag gegeben.

Viele Figuren wurden gestohlen und fanden eine neue Heimat in diversen Museen der Welt und bei reichen Privatpersonen. Andere liessen nicht buddhistisch gläubige Kaiser zerstören. Zudem hat auch der Zahn der Zeit der gesamten Anlage zugesetzt.
Der Besucherstrom ist enorm. Das wird von den geschäftstüchtigen Chinesen voll ausgenützt. Vom Besucherparkplatz bis zur ersten Höhle sind es etwa eineinhalb Kilometer. Zuerst werden wir, wie alle Besucher, an unendlich vielen Souveniershops vorbeigeleitet. Dann kommen wir zu einem Busterminal. Gehunwillige Besucher können sich mit Elektrominibussen, selbstverständlich gegen Bezahlung, näher zu den Höhlen führen lassen. Wir verzichten auf die Fahrt mit dem Bus. Bewegung tut uns gut, meinen wir. Womit wir nicht rechnen, sind die fehlenden Wegweiser für Fussgänger. Unversehens befinden wir uns auf einer langen Brücke, die zu den Tempeln auf der gegenüberliegenden Flusseite führt. Der Weg zu den Höhlen hingegen verläuft dem Flussufer entlang, unterhalb der Brücke. Eine Verbindung zwischen dem Brückenkopf und dem Weg zu den Höhlen scheint es absichtlich nicht zu geben. Das Geschäft mit den Minibussen muss auch rentieren! Schade um die wirklich sehr interessante historische Stätte.
Dreimal darf geraten werden, was Bobo mir zum Geburtstag kocht: natürlich Spaghetti an einer feinen Tomaten-Fleischsauce, scharf gewürzt! Gekocht und geschlafen wird an Position Nord 35° 8' 23.0'' und Ost 112° 40' 42.7'' wieder auf einem neuen, noch nicht in Betrieb genommenen Strassenabschnitt. An diesem Platz stört uns einzig ein spezieller Geruch. Anwohnern haben hier am Boden Mais getrocknet. Die Überreste rotten jetzt vor sich hin. So vermuten wir zumindest. Später stellt sich heraus, dass sich ganz in der Nähe, vom Maisfeld verdeckt, ein Schweinestall befindet.

Wir essen und schlafen dennoch gut.

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