Tagesbericht vom 15.09.2002
Wir haben es überstanden. Sir James steht immer noch oben auf der Klippe und das Hubdach haben wir immer noch über dem Kopf. Aha, ihr wisst nicht, über was ich schreibe? Der Wind, der Südwind, das himmlische Kind, hat uns die ganze Nacht zu schaffen gemacht. Dafür ist es jetzt 16° Celsius draussen. Doppelt so warm, wie gestern. Zum Glück ist Sir James gestern Abend in Südrichtung hingestanden, sonst wäre er sicher umgeblasen worden. Es war wie auf einem Schiff auf hoher See im oberen Stock von Sir James. Er hat sich von einer Seite auf die andere geneigt und dazu hat es laut gebumst, wenn jeweils das hintere Reserverad vom einen Anschlag in den andern gewindet wurde.
Aber so ist es im Westen von Kanada, an der atlantischen Küste. Dreissig Tage oder einen Monat haben wir gebraucht, um Kanada von Inuvik bis zur Atlantikküste zu durchqueren. Wettermässig ist es am Atlantik fast gleich, wie in Inuvik: kühl, nass, regnerisch und windig. Sir James feiert sieben Kilometer vor Percé seinen 63-igsten Geburtstag. Fast zwölftausend Kilometer hat er seit Inuvik in den letzten 30 Tagen zurückgelegt. Neuntausend Liter Diesel zu insgesamt sechstausend Schweizer Franken hat er seit dem Beginn unserer Reise konsumiert. Interessant ist, dass in Quebec ein Einheitspreis von 67.9 oder 69.9 Cents pro Liter Diesel zu gelten scheint, während in den andern Provinzen die Preise massiv - zwischen 54 bis 90 Cents pro Liter - schwanken.
Percé scheint der Touristenort zu sein. Trotz strömendem Regen sehen wir sie – die Touristen - im grauen Nebel über die Strassen rennen, um Eintrittskarten für den Emmentaler Felsen zu ergattern. Hier soll nämlich ein riesiger Felsklotz im Meer stehen. Und der Felsklotz soll erst noch Löcher haben, welche wir durchqueren könnten. Ganz schwach können wir diesen Felsbrocken weit aussen auch erkennen. Der ‚grau in grau' Ton verunmöglicht jedoch das Schiessen einer Foto. Wir setzen auf ‚Cap d'éspoire' und hoffen, dass dort die Sonne scheint und der Hummer auf uns wartet. Denn es kann ja nicht sein, dass diese armen Tierchen nur angepriesen werden und unverspiesen bleiben.
Wer fährt durch Regen und Nebel, es ist der James mit seinen Joggel... Nein dort vorne sehe ich doch einen Sonnenstrahl und ein Stück blauen Himmel! Es ist 15:30 Uhr und wir sind bald an der Grenze zu ‚New Brunswick'. Obwohl wir in dieser Gegend nur ein paar Seelen erwartet haben, steht auf der gesamten Strecke dem Golf von St. Lauwrence entlang ein Haus neben dem anderen. Alle schön herausgeputzt auf einem Stück frisch geschnittenem Rasen. Mit Garten und Gartenzwe.... Nein, keine Gartenzwerge, alle nur erdenklichen Figuren und Sammelstücke werden im Garten aufgestellt. Und in jeder Ortschaft hat es Pic-Nic-Plätze mit gedeckten ‚Whale Watching'-Häuschen. Fischen scheint ein einträgliches Geschäft zu sein, denn Crevetten, Hummer und Langusten werden nicht nur in den Restaurants, sondern auch in den vielen Poisonnerie's angeboten.
Aber jetzt wird es süss. Um 16:30 Uhr übertreten wir die Grenze zu ‚New Brunswick' und bereits ist es 17:30 Uhr Atlantische Zeit in Campbellton. Da bleibt keine Zeit mehr lang zu fahren, weshalb wir uns in das bekannte ‚Sugerloaf'- Skigebiet zurückziehen und auf dem gleichnamigen Campground unser Zelt aufschlagen. Was bei uns bekanntlich mit ein Dachanheben gleichzusetzen ist (Nord 47° 56' 55.6“ und West 66° 41' 15.3“). Jetzt muss ich aber schleunigst mit Schreiben aufhören, denn der Whisky wartet!
Das erste Pfund Scampi hat gar nicht schlecht geschmeckt. Ob die anderen Viecher dieser Region auch so gut schmecken?