Eigentlich haben wir vom ‚Namib-Naukluft-Park' mehr erwartet. Aber wer hätte gedacht, dass die ganze Wüste abgesperrt ist. Es ist, wie wenn man um die ganze Sahara einen Zaun legen würde mit Täfelchen daran ‚no entry'. Alle freigegebenen Wege sind auch mit einem Personenwagen befahrbar (breite Natursteinstrassen). Personen wagen sehen wir jedoch kaum. Die meisten Besucher sind mit Landcruisern, Defendern oder ähnlichen Fahrzeugen unterwegs.
Trotzdem die Gegend hier ist sehr schön. Wir haben sie jetzt aber gesehen. Uns zieht es wieder in menschenreichere Landesteile. Deshalb steuern wir ‚Walvis Bay' und ‚Swakopmund' an. Eigentlich wollten wir ursprünglich von Ghana direkt nach ‚Walvis Bay' verschiffen. Da es aber damals in Tema (Ghana) kein Schiff gab, welches diese Strecke fuhr (oder wir 14 Tage auf ein Schiff hätten warten müssen), kommen wir auf dem Weg über Durban heute - nach 30 Tagen - in ‚Walvis Bay' an. Also fast zur gleichen Zeit, wie mit dem Schiff, wenn wir noch 14 Tage in Ghana geblieben wären. Doch wie sagte unser lieber Hoteldirektor in Tema ‚Time is Money, that's, what the most Africans not understand'.
Mordillo muss von dieser Gegend inspiriert worden sein, als er seine Bergweltzeichnungen entwarf. Das Gestein ist nicht mehr horizontal geschichtet sondern schräg im 45° Winkel. Dadurch entstanden viele Täler und Hügel. Die Strasse verläuft auf und ab, über die Hügel hinweg, rund um die Hügel herum oder an den Bergen vorbei von einem Tal ins andere. Nach dem Gaub-Pass folgt der Kuiseb-Pass. Gaub und Kuiseb sind Flussläufe. Die Pässe sind deshalb auch unten und nicht oben wie bei uns. Es ist draussen 35° Grad warm. Die Qualität der Strasse lässt zu Wünschen übrig: Wellblech ist nur der Vorname. Zahlreiche Fahrer mit gemieteten Autos überholen uns (so schnell kann man nur mit einem Mietautos über diese Piste rasen). An der nächsten Kurve überholen wir sie wieder. Wieso haben sie die Kühlerhaube offen? Wieso betrachten sie unter dem Auto die Aufhängung so intensiv?
Eigentlich möchten wir noch ein bisschen durch das Land fahren, aber an jeder Strassenabzweigung, die nach rechts oder links führt heisst es nicht mehr ‚no entry' sondern ‚permit required'. Da wir über keine ‚permit' verfügen und auch nicht alle paar Kilometer Strassenzoll für schlechte Pisten bezahlen wollen, fahren wir auf dem direkten Weg nach Walvis Bay. Auf der rund 1000 Kilometer langen Strecke zwischen Lüderitz und Walvis Bay entlang dem ‚Namib-Naukluft-Park' haben wir wahrscheinlich auch schon genügend Eindrücke gesammelt. Auf der Hauptstrasse oder Hauptrumpelpiste suchen wir weiterhin rechts oder links oder in der Mitte den optimalen, d.h. den am wenigsten Erschütterungen erzeugenden Weg.
Die Luft wird immer trockner. Das Grün links und rechts von der Piste ist verschwunden. Sandig braun ist die Hauptfarbe. Die Piste ist weicher geworden, da Sandverwehungen dafür sorgen, dass die Pistenlöcher gefüllt werden. Dünen so weit man sieht. Keine Berge, keine Hügel, keine Täler, alles ist eben. Wir fahren auf einer Höhe von 620 Metern über Meer. Die Aussentemperatur nimmt zu (37° um 14:00 Uhr); zahlreiche Fata Morganas begleiten uns links, rechts und gerade aus. Ein neuer Rekord im geradeaus fahren dürfte erreicht sein: 27 km gemäss russischer Karte. Der Vogelfederberg steht im Weg und muss umfahren werden. Leider dürfen wir ohne ‚permit' nicht auf den Rastplatz des Vogelfederberges; 200 N$ Busse (knapp 35 CHF) soll es geben, ohne Bewilligung (wahrscheinlich kostet die Bewilligung für 2 Personen mit einem Fahrzeug auch so viel)!
Walvis Bay liegt dort, wo die Sandwüste langsam ins Meer übergeht. Auf Sanddünen fahren wir kilometerweit ins Meer hinaus. Links und rechts der Strasse grosse Salzgewinnungsanlagen. Die neueren Salzseen sind von grünlicher Farbe, die fast ausgetrockneten schimmern purpurrot (wahrscheinlich vom Jod), die ausgetrockneten weiss, das zurückgebliebene Salz. An den Ufern der Lagune von Walvis Bay, des natürlichen Hafenbeckens, tummeln sich Tausende von Flamingos und Pelikane und wenn wir sie mit dem Feldstecher richtig erkennen können: Tausende von kleinen Pinguinen.
Die Stadt selbst besteht aus einem Hafen mit der dazugehörigen Industrie und Handelshäusern, einem grossen Villenviertel (Land ist hier kein Problem) und breiten Strassen. Vor der Villa das Meer, hinter der Villa die Wüste. Auf dem Kalahari Highway fahren wir anschliessend nach Swakopmund. Der Kalahari Highway führt dem Meer auf der fast äussersten Sanddüne entlang. Es ist faszinierend. 30 Kilometer Badestrand, Wüste oder Meer, je nachdem welchen Begriff man bevorzugt.
Swakopmund heisst die schöne Stadt, in der wir jetzt sind. Im Bahnhof verkehren zum Glück keine Züge mehr, denn bei dem Lärm könnten wir nicht ruhig schlafen. Spass bei Seite, wir sind im Hotel Swapkopmund. Der alte Kopfbahnhof wurde zu einem feudalen Hotel umfunktioniert (Grüsse an Zürich). Dort wo die Geleise waren, ist jetzt der Innenhof mit Schwimmbad! Sir James wartet auf dem Bahnhofparkplatz bis wir weiterfahren (Position Süd 22° 40' 24.4“ und Ost 14° 31' 46.6“). Am Kopf des Kopfbahnhofs befindet sich das Casino.
Heute ist das Internet gratis, dem Hotel sei Dank. Wir surfen an unseren Golfplätzen vorbei, über unsere E-mail Adressen bis zur Bank ‚ubs'. Denn nur dort gibt es nach ausgiebigem Seafood-Meal interessante Neuigkeiten: wir haben bis jetzt immer mit einem Wechselkurs von 0.1666 gerechnet, der Mittelkurs dürfte sich aber bei 0.147 bewegen (mehr als 10% weniger). Es wird interessant, was VISA uns verrechnet, da wir alle Geldflüsse mit Kreditkarten bezahlen oder über Kreditkarten beziehen.
Pascal erreicht mich per Natel, zufällig, denn die letzten Tage waren wir, ausser in Maltahöhe, ohne Signal. Er erzählt mir, was in den letzten Tagen wieder alles im nahen Osten geschehen ist. Schon bin ich wieder nervös. Wie schön ist die Welt doch ohne die Rubrik ‚Gewalt und Verbrechen'. Leider leben wir Menschen aber in einer Gesellschaft, und dürfen Augen, Ohren und Mund nicht verschlossen halten, und ignorieren, was um uns herum geschieht. Ich möchte jetzt nicht weiter philosophieren oder gar politisieren. Nur soviel: die Reise durch die verschiedensten Staaten Afrikas hat uns deutlich vor Augen geführt, dass mit Gewalt Konflikte nie auf die Dauer gelöst werden können.