Reisebericht

Tagesbericht vom 04.06.2004

Nach einem Fahrtag, folgt ein Kulturtag. Wir gehen einkaufen. Nein, nein Liseli! Kultur heisst etwas anschauen. Lviv ist von der UNESCO ausgezeichnet worden und in das Weltkulturerbe aufgenommen worden. Das heisst, wir müssen etwas anschauen. Aber was? Das Stadtzentrum mit seiner Anlage, welches seit Jahrhunderten unverändert ist! So ist es jedenfalls in der Beschreibung festgehalten.
Übrigens haben wir gestern in der Hotelbar noch zugeschlagen: vier Bier, zwei Chickenfingers, ein Mal French Fries. Alles zusammen hat 21 UAH gekostet. Das sind umgerechnet 5 CHF! Die Amerikaner, welche ebenfalls in der Bar waren, haben sich so lautstark zu bemerken gegeben, dass wir um ein Uhr ins Bett gegangen sind. Nicht ohne vorher den Fernseher zu konsultieren. Drei Mal ist die Schweiz in den Ukrainischen Euro News erwähnt worden: Erstens: in Sisseln soll es Überschwemmungen geben, zweitens: etwas von der Swiss (denen scheint es nicht gut zu gehen), drittens: unser FDP-Bundesrat und Finanzminister aus dem Appenzell, hat etwas dazu gesagt (nicht auf russisch sondern auf deutsch, aber das Deutsche haben wir nicht zu hören bekommen).
Also heute ist Weltkulturtag und wir besteigen den 305 Meter hohen Hügel zur ehemaligen Burg oder zum ehemaligen Schloss von Lviv (die Ukrainer sagen allerdings Lvov). Das ist dort wo heute der Fernsehturm steht, und dort, wo 1991 die ukrainische Fahne zum ersten Mal aufgezogen wurde! Auch wir haben diese Höhen erklommen und können die Ukraine überblicken. Ein herrlicher Ausblick in alle vier Himmelsrichtungen!

Wieder unten auf 175 Metern über Meer bestaunen wir die ehemalige Stadtanlage. Sie steht noch. Bern ist aber schöner. Irgendwie haben wir das Gefühl die Ukrainer pflegen die Denkmäler, welche von der UNESCO ausgezeichnet sind, nicht so richtig. Macht nichts, das Bier auf der Promenade schmeckt alleweil.

Nach dem Bier (10 UAH mit Service) gehen wir Sir James abholen. Er steht immer noch auf dem Parkplatz. Seine Bewachung (3 Stunden) kostet uns 13 UAH. Sir James darf bis zum Shoppingcenter ‚Arsen' fahren, wo wir einkaufen gehen ( keine Kultur). Auch hier gäbe es alles zu kaufen. Wir beschränken uns auf den norwegischen Lachs und ein paar Brötchen für das Mittagessen und auf den Einkauf eines halben Kilos Fleisch für ein Gulasch heute Abend. Alles zusammen kostet 68 UAH (geteilt durch vier, macht umgerechnet 17 CHF).

Gut gerüstet fahren wir über Olesko in Richtung Kiew. Die 400 Kilometer werden wir kaum schaffen, weshalb wir auf halber Strecke nach einer Übernachtungsmöglichkeit Ausschau halten. An Position Nord 50° 36' 3.6“ Ost 26° 29' 3“ finden wir diese neben der ‚Autobahn'. Ein ‚Camping'-Zeichen weist auf einen bewachten Parkplatz. 10 UAH kostet uns das inklusiver Toilettenbenutzung.

Jetzt muss ich aufhören mit schreiben, denn das Gulasch ist bereit. Es scheint satanisch scharf zu werden. Liseli übernimmt jetzt das Schreiben!
Bobo meint allen Ernstes, ich könne so komplizierte Ereignisse, wie wir sie während der Fahrt erlebt haben, verständlich beschreiben. Ich versuche es jetzt mit meinem bescheidenen technischen Verstand. Aber wenn Ihr mich fragt, spukt es bei uns an Bord. Ob das wohl daran liegt, weil wir uns nicht sehr weit weg von Tschernobyl, wo sich das fürchterliche Reaktorunglück ereignete, befinden? Also: Zuerst klingelt während der Fahrt mein Handy. Ich lasse es klingeln. Kurz darauf erfolgt eine Mitteilung auf meine Combox. Irgend jemand scheint uns wirklich erreichen zu wollen. Also fahre ich an den Strassenrand und höre – trotz horrender Kosten – meine Combox ab. Aber niemand hat auf das Band gesprochen. Im Hintergrund höre ich nur ein Rascheln. Später, auf den Rastplatz kontrollieren wir die Anrufliste. Wisst Ihr, wer mich auf die Combox angerufen hat? Bobo! Aber er hat gar nicht angerufen. Er sass ja die ganze Zeit neben mir! Sein Natel könnte allenfalls durch das Gerüttel die Nummer gewählt haben. Aber wir war das möglich? Die Tastatur war gesperrt! Es bleibt uns ein Rätsel. Kurz darauf ein Schock. Bobo, heute als Beifahrer tätig, möchte während der Fahrt die Fotos auf meinen Computer laden. Aber mein Computer lässt sich gar nicht starten. Vielmehr meldet er: „Computer beschäftigt“. Was nun? Ich hoffe, Bobo, oder die Zeit, werden eine Lösung finden. Unterdessen versuche ich das feurig scharfe Gulasch.

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