Reisebericht

Tagesbericht vom 19.05.2002

Im Westen nicht's Neues. Jetzt habe ich immer gemeint, der Westen liege links, wenn ich auf die Karte schaue. Die Indian Times hat mich heute Morgen eines Besseren belehrt: der Westen liegt rechts auf der Karte. Und somit ist wahrscheinlich auch die Geschichte von Columbus falsch: er fuhr schlicht weg in die falsche Richtung. Also der Rede kurzer Sinn: Heute morgen berichtet die Indian Times, dass im Westen der Monsun bereits begonnen habe: In Westbengalen. Und Westbengalen liegt eben im Osten und nicht im Westen von Indien. Bei uns im Westen hat es nämlich noch nicht geregnet. Ja, ich weiss, es ist verwirrend.

Juhu, den Nachfolger von Soho, haben wir uns heute zeigen lassen. Juhu liegt am Meer und ist der Badestrand der Mumbaianer. In der Nähe liegt der Hare Krishna Tempel, ganz neu erbaut (gespendet von den Amerikanern (wenn das stimmt)).
Dann sind wir dort gewesen, von wo die vielen Mumbaianer das Wasser her haben.

Am Wasservorratssee mit den riesigen Wasserpipelines nach Mumbai (von den Engländern gebaut). Unser Taxifahrer hat uns sogar einen Weg gezeigt, wie man an den See kommt, denn die Zufahrt wurde abgesperrt aus Angst davor, dass jemand ein bisschen Gift.... Wir glauben es war eher ein Vorwand, um die vielen Menschen vom so schönen Nass abzuhalten.

Dann sind wir dort auf dem Berg gewesen, wo ein cleverer Mumbaianer (namens Hiranandani) das Land aufgekauft hat und die schönsten Hochhäuser hingestellt hat (fast wie Suncity ist es mir vorgekommen). ‚New Mumbai' wird zwar am anderen Ende der grossen Hafenbucht von Mumbai errichtet (ca. 80 km gegenüber). Trotzdem versucht hier jemand ein ‚Neu Alt Mumbai' in den Höhen neben Mumbai hinzustellen (es ist etwas kühler und windiger hier).

Dann hat uns unser Taxifahrer zu sich nach Hause zu einer Cola eingeladen. Endlich kennen wir seine Familie, so dass das Taxifahren viel mehr Freude macht! Dann haben wir eine Lederfashion Fabrik besucht (ein Freund unseres Taxifahrers). Lederwaren werden in den Slums von Mumbai hergestellt (dort ist das ‚Werken' am billigsten).

Die Slums haben eine tiefe Erinnerung (sorry: Geruchwelle) bei uns hinterlassen. Da gibt es doch Tausende von Menschen, die nichts anderes tun, als das bereits Fortgeworfene wieder anzuschauen und schön zu separieren. Wir können jetzt sagen, dass wir in einem der Welt grössten Recyclingcenter waren. Unser Taxifahrer erklärt, dass sogar Altöl hier aufbereitet werde, es sei nur nicht so gut, wie das Neuöl! Was man da alles finden würde. Jedes defekte Auto wird hier in die kleinsten Teile zerlegt, so dass man einzelne Kolben, Bremsteile, Schrauben wieder kaufen kann. Jedes Haus wird so zerlegt, dass jedes Installationsdetail gekauft werden kann. Occasion selbstverständlich. Jede Mahlzeit... (sorry)

Ich hoffe nur, dass der Monsun bald kommt und das nicht Brauchbare endlich wegschwemmt. Der Taxifahrer zeigt uns einen Flusslauf, der zu Engländers Zeiten noch trinkbares Wasser enthielt ... Die Abfallberge wirken auf uns, wie riesige Ameisenhaufen; nur dass es eben keine Ameisen sind, die hier herumkrabbeln... Also Kühe hat es auch...
A propos Kühe: Die grösste Asiatische Milchwirtschaft hat er uns auch gezeigt, unser Taxifahrer. In den Bergen von Mumbai gelegen: Tausende von Kühen... in Ställen. Daneben Grass, das geschnitten und den Kühen gefüttert wird, von Hand! Die Milch trinken dann die vielen Mumbaianer. Neben der Milchwirtschaft befindet sich das Vergnügungszentrum: Parkanlagen (schön, noch von den Engländern), kleinere Seen mit Schiffen, und viele, viele, viele Menschen. Und was diese Menschen alles liegen lassen...
Sogar Toyota haben wir besucht (man weiss ja nie). Toyota gehört zu den Vorsichtigen und baut erst jetzt (im offenen Indien) seine Niederlassungen auf (wahrscheinlich wollten sie keine Ashok-, Tata-, Marutti- oder sonstige staatliche Verbindung eingehen).
Ah, übrigens, das grosse Einkaufzentrum in Mumbai - weswegen wir die Taxifahrt gestartet haben - (wir hatten in den Dimensionen von Südafrika gedacht), haben wir bereits in den vergangenen Tagen gesehen. Die Enttäuschung war relativ gross. Trotzdem haben wir im riesigen Supermarkt des Einkaufzentrums (kleiner als der Volg Oberuzwil) eingekauft: Oliven und Schweppes für Liseli. Es ist interessant, dass es hier keinen eigentlichen Supermarkt in Mauern gibt. Diese gibt es nur in / auf den Strassen. Oder müssen wir dort hingehen wo der neue Stadtteil am entstehen ist? Ein Lebensmittelgeschäft haben wir dort jedenfalls gesehen.

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