Reisebericht

Tagesbericht vom 30.05.2002

Das Heritage Hotel ‚Laxmi Vilas Palace' in Bharatpur kann wirklich empfohlen werden: Super Service, Super Preis, Super Freundlichkeit! Nach dem Morgenessen ziehen wir weiter nach Deeg.

Das von der UNESCO in die Liste des Welterbes aufgenommene ‚Vogelparadies' in Bharatpur lassen wir aus, denn die Abzockerei hier in Indien geht uns langsam an die Nerven. Der Eintritt soll 200 Rupien kosten, man kann entweder zu Fuss gehen oder mit Rikscha (30 Rupien / Stunde) oder Kutsche (60 Rupien / Stunde) und so wäre wir dann schnell wieder 600 Rupien ärmer (20.00 CHF).
In Deeg betrachten wir die Sommerresidenz des Maharadschas. Die Sommerresidenz war bis 1956 bewohnt und ist noch teilweise eingerichtet. Wir können uns gut vorstellen, wie Maharadschas schlafen, regieren, Gäste empfangen, usw.., wohl heute noch. Gewaltig dieses Areal, gewaltig die Seen, gewaltig die Schlösser, gewaltig die Inneneinrichtungen und ganz gewaltig die Infrastruktur. Auf dem gesamten Areal gibt es 2000 Springbrunnen! Man findet sie in der immensen Gartenanlage aber auch in zahlreichen Gemächern. In den Gebäuden sorgten sie bereits vor 200 Jahren für die Kühlung der Räume. Die Brunnen werden über ein unterirdisches Netz von Leitungen (aus Stein) gespiesen. Damit es Druck gibt, führen die 2000 Wasserleitungen zu einem zentralen, hohen Gebäude an der einen Schlossseite. Im obersten Stockwerk liegt der gewaltige Wassertank (ca. 20 Meter lang und 20 Meter breit und 2 Meter tief) aus Stein! Jede Leitung zu einem der 2000 Brunnen führt zu diesem Tank und kann mit einem hölzernen Zapfen einzeln verschlossen werden! Das Zustopfen einzelner Leitungen ermöglichte die Steuerung der Springbrunnen. Den Tank füllten links und rechts vom riesigen Wassertank mehrere Kamele, die Wassersäcke aus Brunnenschächten heraufzogen (ca. 50 Meter). Die Brunnenschächte ermöglichten das Seewasser zu nutzen, d.h. sie gehen so tief in die Erde, dass das Seewasser heraufgeschöpft werden kann. Denn – wie könnte es anders sein – das Schloss steht natürlich zwischen zwei künstlichen Seen. Bei Normalpegel ist der unterste Stock des Schlosses immer im Wasser, so dass es im Keller immer kühl ist. Der zweite Stock ist die Badeetage (Normalpegel des Sees). Dort sind die Bäder eingerichtet. Der dritte Stock (ebenerdig zum Park auf der andern Seite des Schlosses) ist für den Empfang der Gäste reserviert und der vierte Stock bewohnt der Maharadscha mit seiner Familie (auf der einen Seite der Maharadscha, auf der anderen Seite seine Gemahlin, von den Kindern hat unser Führer nichts erzählt). Zwischen dem Schloss und dem einen See liegt der 500 Meter lange Schlosspark.

Dieser wird auf der dem Schloss gegenüberliegenden Seite mit einem zweiten See abgeschlossen. Beide Seen sind über lange Stollen unterirdisch miteinander verbunden. Wir sind von der Anlage sehr beeindruckt. Und was zusätzlich sehr positiv auffällt: hierhin scheinen sich kaum Touristen zu verirren (gemäss Eintrag im Gästebuch waren die letzten Ausländer vor fünf Tagen hier); daher werden wir auch von niemandem belästigt.

So und jetzt sind wir in einem neuartigen Betonbunker, anscheinend vor zwanzig Jahren erbaut, an der Position Nord 28° 29' 1.3“ und Ost 77° 16' 47.7“. Das einzige 5 Stern Hotel ausserhalb Delhis scheint bankrott zu sein. Die Hotelanlage und die Zimmer sind dementsprechend in einem eher erbärmlichen Zustand. Hoffentlich werden die 5 Sterne im Hotelführer bald verschwinden. Die wenigen Angestellten geben sich überhaupt keine Mühe, sondern haben sie nur! Und wir sind in diesem Riesenhotel erst noch die einzigen Gäste, wie es scheint! Das Businesscenter, auch mit E-mail angeschrieben, existiert nur noch als leerer Raum, im Lufthansa Büro in der Hotelhalle sitzt ein gelangweilter Inder hinter einem leeren Tisch und die Bezahlung der Hotelrechnung mit Kreditkarte ist nicht möglich. Dies, obwohl man bei der Anmeldung bei der Zahlungsart auch ‚Credit Card' ankreuzen kann. Und heisses Wasser gibt es auch nicht! Und ... und ... Zwar haben wir schon in schlechteren Hotels übernachtet, aber diese gaben sich nie als 5 Sterne Hotel aus. Warum wir trotzdem bleiben? Alles ist nur eine Einstellungssache. Wir stellen uns einfach vor, in einem 3 Sterne Hotel gelandet zu sein und dann ist alles wieder in Ordnung. Zwar könnte man in Delhi anscheinend auch campen. Aber erstens trauen wir dem Campingplatz nicht und zweitens ist es schlicht zu heiss, respektive zu feucht. Wir werden uns morgen Delhi anschauen und dann schnell wieder auf das Land ziehen.

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