Reisebericht

Tagesbericht vom 05.09.2010

Gestern Abend wurde es sehr spät. Es war 21:30 Uhr bis wir Sir James für die Nacht an Position Nord 30° 24' 24.7'' und Ost 111° 34' 18.5'' abstellten. Bobo hat dann trotzdem noch eine feine Suppe mit Rindfleich und Fideli gekocht. Den Bericht auch noch fertig zu stellen lag zeitlich nicht mehr drin. An seiner Stelle schreibe ich nun den Eintrag zu gestern Abend:
Stimmt: ich bin gefahren, gefahren und gefahren ohne einen geeigneten Übernachtungsplatz zu finden. Yichang, die Stadt unweit der offiziellen Zufahrt zum Damm ist einer Viermillionen (!) Stadt. Als wir sie erreichen ist es bereits dunkel. Wir halten vergeblich Ausschau nach einer neuen, noch nicht dem Verkehr übergebenen Strasse um zu campen. Wir fahren mehr als eine Stunde durch die Stadt bis wir endlich in ländlicheres Gebiet kommen. „Never drive at night“, ein Slogan, den wir wenn immer möglich befolgen. Doch gestern Abend musste ich in der Nacht fahren. Was das in China heisst? Bis etwa 22:00 Uhr ist der Verkehr so dicht wie tagsüber. Ob es Wochenende oder ein anderer Tag in der Woche ist, merken wir in China sowieso nicht. Alle Geschäfte und Märkte sind sieben Tage die Woche offen. Lediglich in den staatlichen und industriellen Betrieben, so erklärt uns Susanna, wird normalerweise am Wochenende nicht gearbeitet. Am Fahrstil der Chinesen ändert sich natürlich in der Nacht auch nichts. Hinzu kommt, dass die Fahrer nun auch noch das Licht ihres Fahrzeuges beherrschen sollten. Das scheinen sie nie gelernt zu haben. Sie fahren, wenn überhaupt mit Licht, mit eingeschalteten Scheinwerfern. Wie sollten sie sonst die verschiedensten Hinderniss, die unbeleuchteten Velos, Mofas, Dreiräder und die Fussgänger erkennen? Dass sie dabei andere Verkehrsteilnehmer blenden ist ihnen egal. Nur uns ist das nicht egal. Wie können wir einen Seitenweg ausmachen, wenn wir kaum etwas sehen? Kommt uns kein Auto entgegen, ist es stockdunkel. Auch dann ist es schwierig, die Umgebung zu erkennen. Aber wie immer, irgendwann finden wir einen Platz. Wir erspähen einen schmalen Feldweg und stellen Sir James so hin, damit ein anderes Fahrzeug an uns vorbei fahren könnte. Susanna stellt ihr Zelt hinter uns auf. Soviel zu gestern Nacht. (Aufgenommen heute Morgen:)

Und nun zu Heute: Es ist Sonntag. Das Wort 'Sonntag' stammt wohl nicht vom Wort 'Sonne' ab. Zumindest in Jingzhou nicht. Es nieselt stark. Die Luft ist feucht und warm. Wo wir uns auch aufhalten, der Nässe können wir nicht entgehen. Entweder wir schwitzen und fühlen uns nass oder der Regen nässt uns zusätzlich von oben! Und, was macht man an einem regnerischen Sonntag? Man geht ins Museum. Genau das machen wir in Jingzhou. Schon die Museumsanlage gefällt mir. Für ein Mal ist der Eintritt frei. Susanna erklärt uns, dass die Regierung vor einigen Jahren beschlossen hat, für Museen keine Eintrittsgebühren mehr zu erheben.

Die Ausstellungen im Museum sind interessant. Viele Objekte sind mit Englischen Texten beschrieben.
Bedeutsam ist dieses Museum wegen eines Mannes, der vor ungefähr 2000 Jahren gestorben ist. Wichtig ist nicht, dass er gestorben ist. Wichtig ist, dass man ihn fast unversehrt gefunden hat und erst noch mit vielen aufschlussreichen Grabbeigaben. Besonders gut gefallen uns die zahlreichen alten dreibeinigen Gefässe ...(ob die Chinesen vor über 2000 Jahren die Idee der Dreibeiner Bobo abgeschaute haben? - oder ist es umgekehrt?)

... und ein Trinkgefäss für Wein

Es hört auf zu regnen. Gerade rechtzeitig um dem Tempel zu Ehren von Guan Yu, einem legendären General, einen Besuch abzustatten. Guan Yu lebte von 220 bis 265 und wird heute von vielen Chinesen verehrt (wir waren ihm schon am 14. August begegnet).

Den Fussmarsch zurück zum parkierten Sir James nutze ich, um einige allgemeine Eindrücke im Bild festzuhalten
... gegen Regen gut ausgrüstetes Motorradtaxi ...

... ein verliebtes Paar ...

(Leider konnte ich im Bild nicht festhalten, wie sie sich fahrend Händchen gehalten haben!)
... eine Strassenküche …

Wir finden einige Kilometer nach Xiantao an Position Nord 30° 23' 25.2'' und Ost 113° 33' 14'' einen Platz für Susanna und uns für die Nacht. Susanna zieht die Höhe vor und hofft auf besseres Wetter.

Besuch lässt nicht lange auf sich warten. Bald sind wir von vierzehn neugierigen Leuten umringt. Oft fragen sie Susanna, wie alt wir seien. Für viele Chinesen ist es unvorstellbar, in 'so hohem Alter' eine Reise mit dem eigenen Auto in ferne Länder zu unternehmen. Sie bestaunen uns und Sir James von allen Seiten und unterhalten sich über uns. Es stört sie überhaupt nich, dass Bobo sich durch den Besuch nicht ablenken lässt und weiter kocht. Im Gegenteil, wahrscheinlich finden sie das äusserst spannend.
Als es dunkel ist werden wir für unsere Reiselust mit einem Feuerwerk in der Nachbarschaft, wo eine Hochzeit oder sonst ein Fest gefeiert wird, belohnt.

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