Reisebericht

Tagesbericht vom 15.01.2002

Um sieben Uhr hat der Wecker von Liseli das Campingdorf aufgeweckt. Liseli will pünktlich um 10 Uhr bei der Sammelstelle sein und vorher noch alles Notwendige für unterwegs einkaufen. Wir bezahlen den Campingplatz (40 Dirham). Die Schweizer Touristen aus Frauenfeld bezahlen das Doppelte, sie sind ja auch wesentlich jünger als wir. Dann geht es ins nahe Städtchen, zum Einkaufen. Das erste mal kaufen wir auch Fleisch ein: ½ Kilo „Steak“ für 30 Dirham (wenn der wüsste, was wir mit diesem Fleisch vorhaben: Spaghetti Bolognese oder Gulasch).
10 vor 10 treffen wir auf dem Sammelplatz ein. Wir sind fast die Ersten. Zuerst parkieren wir auf der linken Strassenseite (natürlich nach Befragung des den Verkehr kontrollierenden Polizisten). Nach einiger Zeit kommt ein anderer Polizist und meint, dass wir auf der rechten Strassenseite parkieren sollen. Einige Araber kommen und betrachten unseren Sir James. Sie fragen immer das gleiche: „Ist er zu kaufen?“
Also wir haben ja gemeint, alles bestens und unbürokratisch geregelt zu haben, aber 1. haben wir die Papiere der Armee nicht kopieren lassen (retour in die Stadt, für 9 Dirham sind Kopien bald erstellt). 2. waren wir gestern nur bei der Armee und nicht bei der Polizei und 3. waren wir nicht beim Zoll.
Es gibt einen freundlichen Zöllner, der immer Scherze macht und einen weniger freundlichen, welcher meint, dass wir heute eine Passage vergessen können. Der freundliche Zöllner weißt uns zur Polizei vis à vis, welche den Abgeordneten der Stadt mobilisiert (wir sind nicht die Einzigen, die nicht alle Formalitäten erledigt haben). Nach etwa 2 Stunden trifft dieser ein. Die notwendigen Papiere werden erstellt. Zurück zum Zoll: Der Zoll braucht den Pass des Fahrers. Also zurück zur Polizei um meinen Pass zu holen. Nach weiteren 5 Minuten meint der Zoll, er brauche nicht den Pass des Fahrers, sondern den Pass des Fahrzeugeigentümers. Zurück zur Polizei meinen Pass zurückbringen, Liseli's Pass holen. Jetzt scheint papiermässig alles in Ordnung zu sein. Mit den Zollpapieren in der Hand besteigt der Zöllner unseren James und inspiziert alles. Sein Kugelschreiber tut allerdings nicht mehr; Liseli gibt ihm einen Neuen. Jetzt hat er Durst. Er bekommt Coca Cola aus einem unserer schönen Gläser. Und weg ist er. Ich hole das Glas bei ihm wieder. Es vergehen ein paar Minuten, bis er ausgetrunken hat. Aber jetzt dürfen wir in die Kolonne der Karawane stehen. Es ist 14:48. Eigentlich sind wir ganz froh, nicht gestern schon alle Formalitäten richtig erledigt zu haben. Sonst würden wir jetzt, wie die Meisten der ca. 100 Konvoiteilnehmer seit den Morgenstunden nur warten, und warten... daher vertreibe ich mir diese Warterei noch etwas mit Schreiben:
Also die Wüste hat ja seine Reize. Die moderne Welt hat auch ihre Reize. Beides scheint jedoch nicht so ganz zusammenzustimmen. In der Vergangenheit sind wir immer wieder an Nomadendörfern vorbeigezogen. Die Zelte stehen meist auf der Meeresseite der Strasse. Die Mülldeponie befindet sich auf der andern Seite der Strasse. Da alles, was man kauft, hier in viel Plastiksäcken verpackt wird, und ständig ein Wind weht, sind oft kilometerweit ganze Wüsteteile übersäht mit den farbigen Abfällen der Neuzeit.
Es ist 15:30. Irgendwo hören wir, es ist so weit. Die Motoren werden gestartet, und... Also ich habe gemeint wir seien in einem Konvoi und einer fährt hinter dem anderen. Was ich da erlebe ist ein Formel-1-Start mit Geländefahrzeugen. Rasch bin auch ich dabei und zwänge mich in die Kolonne. Und jetzt wird überholt, jeder will der erste sein. Weit vorne sehe ich an der Spitz der Kolonne den 2CV der so beladen ist, dass er mit der hinteren Stossstange den Boden fast berührt. Ich überlege, wenn wir hinter solchen Fahrzeugen dahinschleichen, sind wir die letzten, die den Campingplatz erreichen. Deshalb gebe ich auch unserem Sir James die Sporen: er überholt wacker die schwer beladenen, rostigen Fahrzeuge, die Lastwagen mit den Campingwagen darauf, die Mercedes mit 6 Personen und Hab und Gut....
Bis jetzt habe ich immer gemeint ein Konvoi sei eine Karawane mit Autos als Transportmittel anstelle der Kamele. Angeführt wird ein solcher Konvoi durch ein Spitzenfahrzeug mit einem ortskundigen Führer. Den Abschluss macht wiederum ein offizielles Fahrzeug und das ganze Ungetüm bewegt sich relativ langsam vorwärts. Nein, so ist es hier nicht. Die Strassen sind besser ausgebaut als vorher. Einspurig, zwei oder fast dreispurig geht es über den Sand hinweg. Rechts das Meer mit der untergehenden Sonne und den wunderbaren Sandstränden, die vom Tourismus bis jetzt noch verschont blieben. Und wir rasen mit 100 km / Std über die Strasse. Die Nacht bricht ein und wir rasen weiter mit 100 km / Std. Das nächste Mal gehe ich mit dem Jaguar hier hin. Übrigens hat es nach jeweils ca. 100 km immer wieder eine Tankstelle. Ich weiss nicht, wieso wir unseren Sir James mit 260 Liter Treibstoff so beladen haben.
Dann irgendwo unterwegs ein Kontrollposten. Er nimmt das Kontrollschild auf. Er wartet bis 6 Fahrzeuge zusammen sind. Dann dürfen wir weiter. Und wir rasen in der Nacht mit 100 km / Std weiter durch die Wüste. Nach weiteren 60 km haben wir den ersten Rastplatz erreicht. Unser Sir James darf hier an der Position Nord 21° 25' 27.8“ und West 16° 57' 24.9“ vor Guerguarat bis morgen ausruhen.

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