Tagesbericht vom 19.01.2002
Da wir weiterfahren mussten, finde ich erst jetzt wieder Zeit um die Erlebnisse vom Freitag zu Papier (Computer) zu bringen. Unseren Junioren geht es nicht ganz so gut wie uns. Bereits zweimal haben wir ihren Wagen wieder zum Sand herausgeholt. Das letzte Mal musste unser Abschleppseil hinhalten. Mit Geländegang haben wir das Gefährt rückwärts zum Sand den Abhang heraufgezogen. Sir James mit seiner Ausrüstung bewährt sich immer mehr. Jetzt muss er auch noch die Trinkwassertanks der Junioren schleppen, da unser Führer meint, Sir James vertrage das besser als der alte Nissan.
Landschaftlich sind wir alles entlang dem Meer den Nationalpark runtergefahren. Im seichten Meer und den vielen Inseln hat es eine bunte Vogelwelt. Ich kann jedoch nur den Pelikan mit Namen erkennen (hätte ich doch anno dazumal in der Schule besser aufgepasst). Alle paar Kilometer treffen wir auf ein paar Fischer, die in ihrer armseligen Behausung hier am Meer ihr Leben fristen.
Weiterfahren heisst es plötzlich wieder. Und eine Stunde früher als unser Führer angegeben hat (Ebbe / Flut), starten wir zu einer Wasserfahrt dem Meer entlang. Wie beim weichen Sand muss ich zuerst meine Erfahrungen sammeln. Der arme Sir James kämpft sich mühsam im ersten Gang durch den halbnassen Sand am Strand. Erst später merke ich, dass man immer auf der Welle fahren muss, die sich gerade vom Sand zurückzieht. Auf dem nassen Sand kann man im 3-ten Gang mit ca. 50 km / Std dem Meer entlang fahren.
Die Freude hält jedoch nicht lange an. Auch Philipp fährt im zu tiefen Sand und... Ich kann Sir James knapp an ihm vorbei lenken. Ich habe nur die Wahl im noch tieferen Sand oder im Wasser an ihm vorbei zu fahren. Ich nehme das Wasser und es gelingt.
Nach einer Stunde haben wir den Nissan wieder draussen. Ein alter Fischer kommt und sagt, dass wir uns beeilen sollten, denn nach 17 Uhr beginne die Dämmerung und dann bestehe keine Chance mehr Nouakchott zu erreichen.
Der Sandstrand ist teilweise nur ein paar Meter breit. Auf der einen Seite türmen sich riesige Sanddünen auf der andern Seite tobt das Meer. Es ist fantastisch hier durchzufahren. Das Meerwasser spritz zeitweise auf beiden Seiten des Sir James hoch, so dass ich mit Scheibenwischer fahren muss. Dank dem warmen Wetter bildet sich sofort eine Salzkruste (wahrscheinlich habe ich kein Wisch-Wasch-Mittel mehr in der Scheibenwischanlage). Dann kommt die Stelle, die genau so breit ist, wie der Wagen selbst. Die Enge wird durch zwei Felsbrocken von der Natur gesichert. Da gibt es nur den mutigen Sprung ins Meer genau zum richtigen Zeitpunkt. Dieser ist dann, wenn sich die erste Welle bereits ins Meer zurückzieht und die Nachfolgewelle sich zu nähern beginnt. Sir James schafft das ohne besondere Mühe, ich glaube er ist auch ein Springpferd.
Ein paar Kilometer weiter, ist im Meer dokumentiert, was geschieht, wenn man es nicht rechtzeitig schafft zwischen Ebbe und Flut hier durchzukommen: vor drei Wochen hat es ein Lastwagen nicht geschafft; er liegt weit aussen im Meer, die Reste gesichert mit Seilen zum Ufer.
Nach dieser etwa 30 km langen Strandpartie geht es wieder im Landesinneren über Buckelpisten nach Nouakchott. Als wir am Ziel angelangt sind, betrachten wir unseren Sir James, er ist mit mehreren Schichten überzogen: Konglomerat aus Wasser und Sand (lehmartig), Salzkruste, Sandschicht. Im Innenraum alles voll Sand. Spiegel, Elektrozahnbürste, Benzinlampe, usw. haben sich selbständig gemacht. In unseren Haaren ist alles voll Sand, in den Kleidern ist alles voll Sand, Sand, Sand... Gut, dass wir jetzt ins Hotel (El Amane) und wiedereinmal duschen, essen und schlafen können, wie Europäer. Alles in allem sind wir wahrscheinlich die Gruppe, die am weitesten gereist ist (über Nouadhibou) und am schnellsten Nouakchott erreicht hat (wo mögen die Deutschen mit dem Lastwagen stehen?). Unserem Führer, le guide Ahmedou Bamba, sei Dank. Zum Schluss noch eine Randbemerkung: Auch wir haben vor der Reise viele Berichte studiert. Alles ist genau so beschrieben, wie wir es erleben. Aber, man muss es selbst erleben. Alle Berichte, auch der unsere, können nicht wiedergeben, was hier abgeht…
Unser Sir James steht für Ölwechsel, Schmieren und Wäsche in einer Garage für 4x4 Autos (Garage selbstverständlich wieder im Stil, wie an vorhergehender Stelle beschrieben, nur gibt es noch einen Innenhof). Da wir Schweizer sind, legt sogar der Chef Hand an, die Angestellten stehen staunend um das Auto. Alles wird gründlich gereinigt, der Innenraum sogar mit Druckluft. Eigentlich haben wir uns vorgenommen, Sir James nie waschen zu lassen, damit er nicht zu neu aussieht. Aber nach den letzten Wüstentagen und der Meerfahrt sind sogar die Seitenfenster derart verkrustet , dass keine Sicht mehr möglich und eine Generalwäsche unumgänglich ist. Ist ja auch nicht mehr als gerecht, sind doch auch wir im Hotel abgestiegen, um uns gründlich zu waschen und unsere Schmutzwäsche zum waschen zu geben.