Reisebericht

Tagesbericht vom 02.06.2010

Und weil nun mein Schreibtag beginnt, schlafe ich immer noch. Um drei Uhr wach ich auf. Um sechs Uhr wach ich auf. Der Lastwagen neben uns hat ein Kühlaggregat. Immer wenn die Ware zu warm wird, stellt der Dieselmotor automatisch an, um wieder zu kühlen. Zwischen diesen Intervallen schlafe ich im Bauch von Sir James und denke: solange der Kühllastwagen neben mir steht, ist auch das Schiff noch hier. Um halb acht Uhr ist mein Schlaf gestillt. Ich stehe auf und suche mir die Sachen zusammen um im Hafen und Zollfreilager unsere täglichen Spiegeleier zu braten. Wofür unser Sir James doch alles taugt.

Um 09:30 Uhr kommt endlich wieder Bewegung in die Sache. Sechs weitere Lastwagen, welche mit in russischer Schrift angeschriebene Kisten gefüllt mit Tomaten beladen sind, fahren nacheinander in den Schiffsrumpf. Im Innern des Schiffs werden sie entladen. Einen Lastwagen mit 40 Tonnen Tomaten an Bord zu entladen, das braucht seine Zeit. Sechs Lastwagen brauchen sage und schreibe sechsmal so lange. Um 11:00 Uhr darf Sir James als hinterstes Fahrzeug hinter den Tomatenkisten und den Kühllastwagen seinen Standplatz für die Überfahrt beziehen. Aber der Arzt aus Damaskus, der noch eine Praxis in Moskau hat, muss draussen bleiben. Warum wohl? Wir warten weiter und niemand weiss warum oder auf was.

Um 11:45 Uhr hören wir erneut Lastwagengebrumm auf dem Zollgelände. Ein 40-Tönner darf in die letzte Lücke in der hintersten Lastwagenreihe fahren. Nun sind auch der der Arzt aus Damaskus und sein Schwiegersohn aus Moskau an der Reihe. Sie dürfen mit ihren PW's ebenfalls auf das Schiff.. Wir sind voll (nein, natürlich nicht wir, sondern das Schiff). Die Laderampe wird verschlossen. Punkt 12:00 Uhr fährt die Princess Viktoria zum Hafen hinaus. Die Reise nach Sochi hat endgültig begonnen. Ganze zwölf Stunden später als geplant. Doch besser als nie.
Jetzt sitzen wir in unserer etwas schmuddeligen Kabine mit Lavabo - und noch wichtiger für den Labtop - mit Stromanschluss. Die beiden grossen Fenster lassen sich leider nicht öffnen. Es ist schwül und heiß. Wir fühlen uns „klebrig“. Das schwarze Meer ist ruhig. Langweilig. Die richtige Zeit um die Reiseberichte zu verfassen.
Die Princess Viktoria, die uns vor acht Jahren von Algeciras nach Tanger gefahren hat (allerdings unter anderem Namen), verfügt zum Glück über Duschen. Diese werden jetzt ebenfalls genutzt. Liseli holt zu diesem Zweck unsere Badetücher aus Sir James, der unter uns in der Garage steht. Nach der Dusche fühlen wir uns wieder wohler.

Wir könnten natürlich auch auf diesem Schiff bleiben. Vielleicht würden wir dann schneller nach Kambodscha kommen, als auf dem geplanten Weg über Russland und China. Anderseits hat das Schiff erst den Weg vom Mittelmeer bis zum Schwarzen Meer geschafft. Bis Kambodscha ist dies auch für die Princess Victoria noch ein langer Weg.

Top