Reisebericht

Tagesbericht vom 15.06.2004

Bobo war gestern etwas müde und mochte nicht mehr viel schreiben, was ich auch verstehe. Zuerst musste er den Menüplan umstellen. Den Fisch hatten wir nämlich im Supermarkt tiefgefroren gekauft und versehentlich für Fleisch gehalten. Aber Bobo hat daraus trotzdem ein super Essen zubereitet. Danach ermunterte ich ihn, noch einmal auszuprobieren, ob wir nicht doch aus dem Fluss Wasser in unser System leiten könnten. Ich wollte den neuen Versuch nicht erst starten, wenn wir wirklich darauf angewiesen sein würden. Zuerst klappte es nach wie vor nicht. Doch dann liess sich Bobo etwas einfallen und nach einigen Manipulationen am System funktionierte es, wenn auch sehr langsam. – Der Schlafplatz von uns dreien war übrigens äusserst idyllisch. Soweit mein Nachtrag zu gestern.
Nein, um 4:30 Uhr stehe ich nicht auf. Auch wenn es draussen schon Tag ist. Bobo hat keine Uhr an und weckt mich fast mitten in der Nacht. Wir schlafen noch bis 07:00 Uhr. Nun sehen wir, was Bobo so früh am Morgen aufgeweckt hat. Ein Imker hat seinen mit Bienenkasten beladenen Anhänger ganz in der Nähe von uns abgestellt. Vom Zugfahrzeug und vom Eigner ist weit und breit nichts mehr zu sehen. Wir pumpen noch etwas Wasser in die Tanks und machen uns auf den Weg Richtung Sochi. Seit die Ukraine und mit ihr die Krim von Russland unabhängig sind, gilt Sochi und Umgebung als der Ferienort für die Russen am schwarzen Meer. Die Strasse windet sich etwas abseits der steil abfallenden Meeresküste rauf und runter. Der Strassenzustand ist passabel. Trotzdem können wir nicht schneller als durchschnittlich 30 Kilometer pro Stunde fahren. Die zahlreichen Polizeikontrollen überstehen wir unbeschadet. Manchmal müssen wir anhalten und unsere Ausweise zeigen, manchmal dürfen wir durchfahren. Auf dem Weg sehen wir viele Hinweisschilder mit den Namen von „Sanatorien“. Die dazugehörenden Gebäude selbst sind meist in grossen Parks versteckt. Diese Sanatorien sind die Überbleibsel der UdSSR, als die Staatsangestellten und vor allem die Arbeiter in diesen Komplexen ihre Ferien verbringen durften. Und wo landen wir? Im Hotel Dagomys, in Dagomys, etwa 12 Kilometer vor Sochi. Eigentlich wollten wir auf den dem Hotel angegliederten Camping. Aber wie uns die Receptzionistin des Hotels sagt, ist der Platz zur Zeit nicht in Betrieb. Das Hotel selbst ist ein riesiger Kasten mit etwa 1900 Zimmern! Es gibt hier alles, was das Herz begehrt, nur eben im russischen Stil. Alles macht einen etwas vernachlässigten Eindruck. Wir benötigen etwa eine viertel Stunde, um in die Panoramabar im 22. Stock zu gelangen. Beim ersten Lift will die Türe nicht schliessen. Im zweiten Lift bleiben wir für eine Minute stecken. Der dritte Lift endlich führt nur in den 21. Stock, das letzte Stockwerk müssen wir zu Fuss gehen.

Das Nachtessen ist im Preis inbegriffen und wird (zumindest für unsere Zimmerkategorie) nur zwischen 18:00 und 19:00 Uhr serviert. Wir werden in einem kantineähnlichen Raum an einen Tisch gesetzt, an welchem schon ein Mann am Essen ist. Wir bekommen Krautsalat, eine Art Schnitzel mit Kartoffelstock, Süssmost und Tee. Verhungern muss niemand. Danach machen wir uns auf Entdeckungstour. Der Zufall will es, dass im Hotel gerade die Pressewoche für das nächste Woche in Sochi stattfindende Filmfestival durchgeführt wird. So kommen wir in den Genuss einiger echter folkloristischer Darbietungen aus verschiedenen russischen Regionen. Und nun geniessen wir frisch geduscht in richtigen Betten die Nachtruhe, natürlich nicht ohne am Fernseher noch BBC World und Fashion TV zu konsultieren.

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